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Über: Feel The News – 09.01.25: Thilo Mischke: Zwischen Kritik und Kulturwandel

Jule und Sascha Lobo diskutieren die Kontroverse um Thilo Mischke und dessen Jobverlust bei der ARD. Dabei entwickelt sich eine problematische Dynamik: Während sie vordergründig für eine differenzierte Fehlerkultur plädieren, delegitimieren sie gleichzeitig systematisch Kritik an Mischke

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In der Podcast-Episode "Feel The News" (Januar 2025) diskutieren Jule und Sascha Lobo die Kontroverse um Thilo Mischke und dessen Jobverlust bei der ARD. Dabei entwickelt sich eine problematische Dynamik: Während sie vordergründig für eine differenzierte Fehlerkultur plädieren, delegitimieren sie gleichzeitig systematisch Kritik an Mischke.

Jule Lobo, selbst in der Debatte involviert, wendet sich gegen den Podcast "Feminist Self-Control" und greift dabei zu persönlichen Attacken. Kritiker:innen werden als "traurige Existenzen" charakterisiert, die "wahrscheinlich einfach einsam vor ihrem Computer sitzen". Besonders problematisch ist der Angriff auf die Journalistin Anja Rützel, deren berufliche Tätigkeit sie abwertend kommentiert: "dass dein Job ist, irgendwie den ganzen Tag Reality-Sendungen zu gucken und sich über die Menschen zu erheben."

Diese Strategie der Diskreditierung steht in deutlichem Widerspruch zu ihrem eigenen Plädoyer für mehr Differenziertheit und "Ambiguitätstoleranz" - die Fähigkeit, mehrdeutige Situationen auszuhalten. Während sie einerseits vor Menschenverachtung warnt, betreibt sie selbst eine Form der Entmenschlichung ihrer Kritiker:innen.

Die Episode identifiziert zwei zentrale gesellschaftliche Herausforderungen: Die Vermischung privater und öffentlicher Kommunikationsräume durch soziale Medien sowie die permanente Dokumentation verschiedener Versionen des Selbst. Diese wichtige Analyse wird jedoch überlagert durch eine emotionale Verteidigung Mischkes, die sich in Formulierungen wie "wahnsinnige Angst um Thilo" manifestiert.

Sascha Lobo verstärkt diese Dynamik durch seinen Vorschlag, Aussagen in ihrer "positivst möglichen" Interpretation zu lesen - ein Ansatz, der bei systematischer Kritik an problematischen Äußerungen zu kurz greift. Seine Warnung vor den gesellschaftlichen Folgen von Kritik ("dass es wahnsinnig schwierig wird, nochmal so eine mutige Entscheidung zu treffen") verschiebt zudem den Fokus von der inhaltlichen Auseinandersetzung auf vermeintliche Konsequenzen.

Die Episode gewinnt ihre Relevanz als Dokument einer problematischen Diskursverschiebung: Unter dem Deckmantel von "Fehlerkultur" wird systematische Kritik delegitimiert, während gleichzeitig Kritikerinnen persönlich angegriffen werden. Das vertraute Verhältnis der Hosts ermöglicht zwar eine offene Diskussion, führt aber auch zu einer einseitigen Solidarisierung, die wichtige kritische Perspektiven ausblendet.

Hörenswert ist die Sendung dennoch - als Beispiel dafür, wie auch progressive Stimmen in der Verteidigung von Privilegien problematische Diskursstrategien entwickeln können.